Die Veranstaltungsreihe “Nach dem Wettbewerb: Wie geht’s weiter mit dem Münchner Nordosten“ startete am 18. November 2020 erfolgreich mit einer von über 160 Teilnehmer*innen besuchten Online-Veranstaltung.
Ein von Beginn der Veranstaltung an reger Austausch von Statements und Fragen im Chat zeigte das große Bedürfnis nach Information und Meinungsaustausch, aber auch die unterschiedlichen Standpunkte.
Am ersten Abend ging es um die Frage „Was können wir aus dem Wettbewerbsergebnis lernen, was ist offengeblieben?“
Der Vorsitzende des Preisgerichts Professor Markus Allmann stellte die Entwürfe der im Januar 2020 gekürten Preisträger vor, die er als robuste
Prof. Markus Allmann
Grundlage für einen neuen Stadtteil mit bis zu 30.000 Einwohner*innen bezeichnete. Bei einer für München üblichen Gebäudehöhe von 3 bis 6 Geschossen mit einzelnen Hochpunkten könnten kompakte Quartiere entstehen, die viel Raum für Grünzüge, Sport—und Freizeitflächen einschließlich Badesee, für stadtnahe Landwirtschaft und Lebensräume für Tiere und Pflanzen lassen. Allerdings hätte er sich für eine so bedeutende Planungsaufgabe auch mehr visionären Mut gewünscht.
Im zweiten Vortrag stellten Inke Mumm und Max Ott das Konzept „Stadt der Vielen“ vor. Hier ging es weniger um Städtebau, als um die
Inke Mumm und Max Ott
Auseinandersetzung mit dem Wachstum der Stadt und um Ideen für einen offenen, partizipativen Planungsprozess durch „Parlamente der Nachbarschaften“. Mit Vorschlägen zur gemeinwohlorientierte Bodenpolitik thematisiert der Beitrag auch eine im Chat mehrfach gestellte Frage: Warum hat der Stadtrat beschlossen, hier das gesetzliche Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) und nicht die „SoBoN“ (städtebauliche Verträge nach den Grundsätzen der sozialgerechten Bodennutzung) anzuwenden?
Eine Aufzeichnung der beiden Vorträge finden Sie
auf der Website der Evangelischen Stadtakademie.
In der von Stephan Reiß-Schmidt moderierten Podiumsdiskussion
Stephan Reiß-Schmidt
wurde diese Frage von Stadträtin Simone Burger, der wohnungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion aufgegriffen: Nur mit einer SEM könnten die Bodenpreise gedämpft, Spekulation verhindert und eine einheitliche Planung garantiert werden. Durch den mit einer SEM verbundenen Grunderwerb durch die Stadt könnten bei Vergabe der Baugrundstücke im Erbbaurecht zu hundert Prozent bezahlbare, geförderte oder preisgedämpfte Mietwohnungen dauerhaft gesichert werden. Bei städtebaulichen Verträgen nach den SoBoN-Grundsätzen würden dagegen höchstens 30 Prozent geförderte und 10 Prozent preisgedämpfte Mietwohnungen gebaut , die auch nur für 25 bis 30 Jahre gesichert sind. Im Hinblick auf das wesentliche Planungsziel bezahlbare Mietwohnungen anzubieten sprach sich Simone Burger auch deutlich für die Zielzahl 30.000 Einwohner*innen aus.
Florian Ring (CSU), der Vorsitzende des Bezirksausschusses Bogenhausen, sah das allerdings völlig anders. Er plädierte für eine Begrenzung auf 10.000 Einwohnerinnen und eine behutsame Vorgehensweise, um die Interessen der Anwohner*innen und Eigentümer*innen besser zu berücksichtigen.
Die Stadtplanerin Professorin Sophie Wolfrum sprach sich für Flexibilität und Offenheit in der weiteren Planung aus und zeigte die Grenzen eines Ideenwettbewerbs auf. Viele Fragen etwa bei der Zuordnung von Baufeldern und Freiflächen oder den Bautypolgien seien noch zu klären. Aus Ihrer Sicht wären bei immer noch maßvoller Bebauungsdichte und Freihaltung großer Teile des Gebietes durchaus auch mehr als 30.000 Einwohner*innen vorstellbar.
Einig waren sich alle Beteiligten mit dem Moderator Stephan Reiß-Schmidt darin, dass es nach dem Wettbewerb einen großen Informations- und Gesprächsbedarf gibt. Eine weitere Konkretisierung der städtebaulichen und landschaftlichen Qualitäten sei notwendig, damit im Nordosten ein lebenswerter und zukunftsfähiger Stadtteil des 21. Jahrhunderts entsteht.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 20. November ausführlich über die Veranstaltung.
Am 8. Dezember 2020 geht es (wieder mit einer Online-Veranstaltung) weiter zum Thema “Welcher Raum bleibt für Klima- und Naturschutz, Naherholung und stadtnahe Landwirtschaft?“.
Anmeldung über die Evangelische Stadtakademie.
Am 14. Januar und am 11. Februar 2021 folgen dann die weiteren Abende zu „Bahnausbau und Mobilitätskonzept“ und „Urbane Mischung“.
Das Programm der gesamten Reihe ist hier zu finden.
Die Veranstaltungsreihe ist ein Gemeinschaftsprojekt der Münchner Initiative für ein soziales Bodenrecht, des BayernForums der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Evangelischen Stadtakademie und der Münchner Volkshochschule/ Nord-Ost-Forum (MVHS in Kooperation mit dem Ökologischen Bildungszentrum und NordOstKultur e.V.).