Lebenswerte Stadtquartiere und bezahlbare Wohnungen im Münchner Nordosten und Norden
Präambel
Das Bündnis Pro SEM! ist ein überparteilicher Zusammenschluss von Organisationen, Vereinen, zivilgesellschaftlichen Initiativen, Unternehmen und Einzelpersonen. Wir setzen uns für eine lebenswerte Stadt mit bezahlbaren Wohnungen für alle und eine gemeinwohlorientierte Bodenpolitik ein. Deshalb plädieren wir für die aktive Nutzung der dem Wohl der Allgemeinheit dienenden Instrumente des Baugesetzbuches (BauGB). Wir wollen in der Öffentlichkeit deutlich machen, dass wichtige Akteure der Stadtgesellschaft die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) für das geeignete Instrument halten, um die Grundlagen für eine nachhaltige Stadtentwicklung durch eine ausgewogene Gesamtplanung und eine koordinierte Realisierung zu schaffen. Die Bündnispartner eint die Sorge um den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt. Neue ressourcenschonende, lebendige und sozial intakte Stadtquartiere – verbunden mit stadtnaher Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion – können bei den extrem hohen Bodenpreisen in München und angesichts des im Nordosten und Norden auf viele private Eigentümerinnen und Eigentümer verteilten Grundeigentums nur mit Hilfe des vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehenen Instrumentes der SEM geschaffen werden. Nur so ist gewährleistet, dass es in unserer Stadt mit dem bezahlbaren Wohnungsbau für nachfolgende Generationen erfolgreich weitergehen kann! Das Bündnis Pro SEM! verfolgt damit gemeinnützige Ziele und bietet der Stadt und allen Verfahrensbeteiligten der SEM Nordost und Nord Unterstützung bei einer kooperativen Stadtteilentwicklung an. Wir fühlen uns dabei im Sinne der Generationengerechtigkeit besonders den Interessen und Bedürfnissen unserer Kinder und Enkel verpflichtet.
Unsere Ziele
Wir wollen mit unserem Bündnis
- dazu beitragen, Bodenspekulation zu verhindern um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum und eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen;
- für landschaftlich integrierte und städtebaulich vielfältige Stadtviertel mit lebendigen öffentlichen Räumen eintreten;
- einen transparenten und offenen Planungsprozess unterstützen, in den Eigentümerschaft, Nachbarschaft und die Stadtgesellschaft insgesamt mit ihren vielfältigen Interessen und Belangen einbezogen sind;
- den Stadtrat in seinen Beschlüssen für die Durchführung der SEM im Münchner Nordosten bestärken und
- den Stadtrat ermuntern, auch das Planungsgebiet im Münchner Norden im Rahmen einer SEM zu entwickeln.
Unsere Forderungen
10 Punkte für eine gemeinwohlorientierte Stadtteilentwicklung
Im Nordosten sollen ebenso wie später im Norden zukunftsweisende, ressourcenschonende Stadtteile des 21. Jahrhunderts entwickelt werden. Ausgehend von der Landschaft als Basis können hier lebenswerte Quartiere entstehen, die übergreifende ökologische Zusammenhänge ebenso respektieren wie bestehende Nachbarschaften. Im Zentrum stehen die Schaffung dauerhaft bezahlbarer Wohnungen und einer intakten sozialen und kulturellen Infrastruktur. Durch leistungsfähige ÖPNV-Anschlüsse (S-Bahn, U-Bahn und ggf. Trambahn) sollen die gute Erreichbarkeit gesichert und eine vernetzte Mobilität zu Fuß, mit dem Fahrrad sowie mit Bike- und Car-Sharing gefördert werden. Mit einem schlüssigen Mobilitätskonzept kann so eine deutliche Reduzierung des PKW-Verkehrs erreicht werden.
Das Bündnis Pro SEM! fordert im Einzelnen:
- Dauerhaft bezahlbaren Wohnraum für alle schaffen!
- Bezahlbare Flächen und Räume für Gewerbetreibende und Kulturschaffende anbieten!
- Stadtentwicklung mit naturverträglicher, erlebbarer Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion verknüpfen, Flächentausch ermöglichen – entsprechend dem Konzept des Münchner Grüngürtels!
- Kooperation zwischen Stadt und Eigentümerinnen/Eigentümern fair und vertrauensvoll gestalten – im Interesse einer gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung ohne Bodenspekulation!
- Entwicklungsbedingte Bodenwertsteigerungen für eine leistungsfähige Verkehrsanbindung (insbesondere U- bzw. Trambahn) sowie eine gute soziale Infrastruktur (Kindertagesstätten, Grund und weiterführende Schulen, soziale und kulturelle Einrichtungen, …) nutzen; verbleibende Überschüsse an die bisherigen Eigentümer verteilen!
- Biotope schützen, siedlungsnahe Landschaftsräume nachhaltig entwickeln und öffentliche Grünflächen attraktiv gestalten!
- Mit der Nachbarschaft sowie mit den Nachbargemeinden gut zusammenarbeiten und ihre Belange berücksichtigen, z.B. hinsichtlich verträglicher Verkehrsanbindung und verbesserter Angebote für Nahversorgung, Sport, Freizeit und Erholung im Wohnumfeld!
- Planung und Realisierung transparent gestalten – zielgruppenorientierte, nachvollziehbare Kommunikation und Beteiligung der Stadtbevölkerung mit dem weiterem Planungsfortschritt verstärken!
- SEM Nordost qualifiziert, innovativ und zügig als lernenden Prozess fortsetzen, d.h. neue Wege erproben und kreative Experimente wagen (Stadtteillabor)!
- SEM Nord hinsichtlich des Untersuchungsumgriffs kritisch prüfen und dem Stadtrat spätestens 2020 die Einleitung vorbereitender Untersuchungen zum Beschluss vorlegen!
Was ist eine Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM)?
Das BauGB regelt die SEM als Teil des Besonderen Städtebaurechts
in den §§ 165 – 171. Damit sollen neue Stadtteile einheitlich
vorbereitet und zügig durchgeführt werden, wenn es „das Wohl der
Allgemeinheit […] erfordert, insbesondere zur Deckung eines
erhöhten Bedarfs an Wohn- und Arbeitsstätten [und] zur Errichtung
von Gemeinbedarfs- und Folgeeinrichtungen […].“
Bei einer SEM erwirbt die Stadt möglichst alle Grundstücke zum
„entwicklungsunbeeinflussten“ (i.d.R. landwirtschaftlichen) Wert.
Nach Baurechtschaffung, Neuordnung und Erschließung erfolgt eine
Reprivatisierung zum deutlich höheren Baulandwert. Wer nicht an die
Stadt verkaufen möchte und sich verpflichtet, die Ziele der SEM
selbst zu realisieren muss einen Ausgleichsbetrag für die
Bodenwertsteigerung zahlen. Verkehrsanbindung (insbesondere
schienengebundener ÖPNV), öffentliche Grünflächen, soziale und
kulturelle Infrastruktur sowie die verbilligte Abgabe von
Grundstücken für geförderten bzw. preisgedämpften Mietwohnungsbau
können so aus den (in München enormen) Bodenwertsteigerungen einer
städtebaulichen Entwicklung refinanziert werden.
Verbleibende Überschüsse werden an die bisherigen Eigentümerinnen
und Eigentümer verteilt.
Hinweis
Auf der Gründungsveranstaltung waren etwa 30 weitere Organisationen/Verbände/Unternehmen vertreten, in denen zunächst Gremienbeschlüsse über den Beitritt herbeigeführt werden müssen
Sprecher*innen
Stephan Reiß-Schmidt / Christian Stupka / Christiane Thalgott
Beirat
Soziale Organisationen: Andrea Betz (ARGE Freie München), Karin Majewski (Bündnis München Sozial), Bernd Schreyer (Sozialpolitisches Forum) Gewerkschaften: Simone Burger (DGB München) Kulturelle Organisationen: David Süß (Harry Klein)
Mieterorganisationen: Volker Raststätter (Mieterverein), Thomas Bohl (MHM), Tilman Schaich (ausspekuliert)
Wohnungsgenossenschaften: Markus Sowa (Kooperative Großstadt), Hans-Otto Kraus (BuG)
Wissenschaft: Gero Suhner (Lehrstuhl Bodenordnung und Landentwicklung TU München)